Gedanken zu LG Frankfurt vom 17.5.2022 – 2-13 T 27/22
Die sog. Zweiergemeinschaft beschäftigt die Rechtsprechung immer wieder, siehe hierzu auch den Artikel zu prozessualen Fragen.
Das liegt daran, dass diese Gemeinschaften sehr verbreitet sind, in der Regel aber wenig für den Fall von Streitigkeiten vorgesorgt wurde. Die klassischen Zweiergemeinschaften entstehen in Doppelhaushälften, bei der Teilung nach Geschossen (EG und OG) oder bei sog. Pfeifenstielgrundstücken. Überall, wo eine Realteilung nicht möglich ist, wird gebaut und nach WEG geteilt. Und das geht ja oftmals auch gut. Die Nachbarn verstehen sich, man einigt sich über die gemeinsamen Dinge, z.B. gemeinsame Auffahrt, gemeinsamer Winterdienst auf dem Bürgersteig vor dem Gemeinschaftsgrundstück, Rückschnitt der Hecke zum Nachbarn. Aber manchmal laufen die Dinge auch schief. Es kommt z.B. ein neuer Eigentümer in die Gemeinschaft, der alles ganz anders machen will, man streitet sich. Manchmal leiden solche Gemeinschaften aber auch an Geburtsfehlern: Der Pfeifenstiel ist zu “eng”, so dass der hinten liegende Eigentümer nur wenige Zentimeter am Treppenpodest des Vorderhauses vorbeifahren muss, vor dem aber oftmals das Dreirad des Nachwuchses steht. Die Dinge schaukeln sich hoch, am Ende steht ein Prozess. Manchmal sind es auch zerstochene Autoreifen, vergiftete Pflanzen oder Hundekot unter der Türklinke.
Oftmals geht es bei den Streitereien auch nur um Geld. Die Hecke zum Nachbarn entlang der gemeinsamen Pfeifenstielzufahrt muss geschnitten werden. Der Vorderhauseigentümer ist gestandener Hobbygärtner und will das als Event in Gemeinschaftsarbeit machen. Der Hinterhauseigentümer sieht das anders, und will einen Gärtner beschäftigen. Noch problematischer wird es, wenn beide Einheiten über eine gemeinsame Wärmeerzeugung verfügen, so dass hier gemeinsam Vorschüsse an den Versorger gezahlt werden. Was ist, wenn das Geld nicht reicht oder “nicht da ist”. Der normale, gesunde Menschenverstand würde sagen, dass das einfach sei: Der eine hat gegenüber dem anderen einen Anspruch darauf, dass dieser genügend Geld in die Kasse legt.
So ist es aber nicht. Dem steht die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer (GdWE, früher: WEG) entgegen. Dieses Rechtssubjekt steht zwischen den Eigentümern und wölbt sich über sie. Eine Verpflichtung eines Wohnungseigentümers zur Zahlung von Lasten und Kosten der Gemeinschaft besteht nur gegenüber der GdWE. Und damit die GdWE überhaupt einen Anspruch hat, muss sie zunächst einen Wirtschaftsplan nach § 28 Abs. 1 WEG aufstellen und auf dessen Grundlage einen Beschluss über Vorschusszahlungen fassen. Ein mühsamer Weg also: Ist die Kasse leer, kann der eine Eigentümer nicht den zahlungsunwilligen Eigentümer verklagen. Er muss zunächst Klage gegen die GdWE auf die Ersetzung eines Beschlusses über die Vorschusszahlungen erheben. In dem Prozess wird die GdWE dann durch den anderen Eigentümer alleine vertreten. Gewinnt er diesen Prozess, dann kann die WEG wiederum gegen den zahlungsunwilligen Eigentümer klagen. Wie das allerdings konkret geht, wenn die Gemeinschaft ja gar keinen Verwalter hat, wäre die nächste Frage.
Immerhin läßt das LG Frankfurt in der hier besprochenen Entscheidung durchblicken, dass in diesem Fall für die Beschlussersetzung vielleicht sogar eine einstweilige Verfügung in Betracht käme, ein Regelungsinstrument, das sonst im Wohnungseigentumsrecht eher selten erfolgreich ist.