BGH V ZR 132/23, Urteil vom 23.2.2024
Wen ich so als Praktiker nach 25 Jahren zurückblicke, habe ich den Eindruck, dass die sog. Untergemeinschaften immer beliebter werden. Wahrscheinlich ließe sich das sogar statistisch belegen, wenn jemand das mal erfassen würde. Ganze “Quartiere” entsehen als eine GdWe, bestehend aus mehreren Untergemeinschaften. Und gibt es im Quartier mehrere Wohnungseigentümergemeinschaften, sind diese oft durch Nachbarschaftsvereinbarungen miteinander verbunden. Was für den Errichter als sinnvolles “Vehikel” erscheint, erweist sich später für Verwalter und Juristen oftmals als ziemlich gruselig. Denn die wirklichen Probleme entstehen ja erst in der Praxis.
Das zeigt sich auch in der jüngsten Entscheidung des BGH zum Thema Untergemeinschaften. Es handelte sich um eine Untergemeinschaft, bestehend aus zwei Blöcken, die nach der Teilungserklärung so weit wie möglich jeweils selbst agieren sollten. Auch das Gemeinschaftseigentum der jeweiligen Häuser war den Eigentümern dieser Häuser als Sondernutzung zugewiesen. In der Teilungserklärung heißt es u.a:
“Die Miteigentümer eines Hauses besitzen sämtliche Rechte und Pflichten an ihrem Gebäude so, wie wenn es sich um eine eigene Eigentümergemeinschaft handelt, mithin die beiden betreffenden Grund-stücke real geteilt wären.”
Weiterhin steht dort:
“Jede Untergemeinschaft hält eine gesonderte Eigentümerversammlung ab, die über die Belange entscheidet, die nur diese Gemeinschaft betrifft. In dieser Ver-sammlung haben nur die Eigentümer der in dem Haus gelegenen Einheiten Stimmrecht. Das Stimmrecht bestimmt sich auch insoweit nach den Miteigen-tumsanteilen, bezogen auf das jeweilige Teilobjekt.”
Nach der Erstellung zeigten sich Mängel am Gemeinschaftseigentum an einem Block. Diese sollten “vergemeinschaftet” und einheitlich geltend gemacht werden. Verwalter und Eigentümer standen also vor der Frage: Wer beschließt in welchem Kreis darüber? Große Versammlung aller Eigentümer, alle stimmen ab? Oder nur Stimmrecht bei den Eigentümern des betroffenen Blocks? Oder gibt es eine Teilversammlung nur der Eigentümer des betroffenen Blocks, in dem auch nur diese abstimmen?
Der BGH sagt dazu:
a) Sind nach der Gemeinschaftsordnung einer Mehrhausanlage weitgehend verselbstständigte Untergemeinschaften gebildet, kann nur die Gesamtgemeinschaft der Wohnungseigentümer die den einzelnen Erwerbern aus den jeweiligen Verträgen mit dem Veräußerer wegen Mängeln des Gemeinschaftseigentums zustehenden Rechte auf ordnungsgemäße Herstellung des Gemeinschaftseigentums durch Mehrheitsbeschluss zur alleinigen Durchsetzung an sich ziehen; dies gilt auch dann, wenn die Mängel nur den einer Untergemeinschaft zugeordneten Teil der Anlage betreffen.
b) Die Kompetenz, durch Beschluss über die gerichtliche Geltendmachung der vergemeinschafteten Ansprüche und die mit der Prozessführung im Zusammenhang stehenden Fragen (hier: Aufnahme von Vergleichsverhandlungen und Erhebung einer Sonderumlage zur Finanzierung der Prozesskosten) zu entscheiden, steht ebenfalls allein der Gesamtgemeinschaft der Wohnungseigentümer zu.
Damit schafft der BGH einmal mehr Klarheit. Die Praxis wird es ihm danken…
Dr. Patrick Kühnemund