Grundstücksverkauf durch die Wohnungseigentümergemeinschaft

Anmerkungen zu BGH V ZR 103/12

Vor einigen Tagen habe ich ein paar Worte zur der Frage verloren, ob die Eigentümer eigentlich beschließen können, als Gemeinschaft ein Grundstücks zu kaufen. Dafür, so hatte es der BGH im Jahr 2016 entschieden, gibt es eine Beschlusskompetenz der Gemeinschaft.

Aber wie sieht es eigentlich anders herum aus: Dürfen die Eigentümer beschließen, einen Teil des Grundstücks “der WEG” zu verkaufen? In dem zugrundeliegenden Sachverhalt hatte der Nachbar der Gemeinschaft Jahre zuvor eine Mauer versehentlich auf das Grundstück der WEG überbaut. Eigentlich ein Klassiker: Irgendwann stellte sich heraus, dass der Nachbar ca. 7 m² auf das Grundstück der WEG überbaut hatte. Und weil der Nachbar scheinbar nett war, beschloss die WEG, ihm diese 7m² zu verkaufen. Sie fassten einen entsprechenden Beschluss, und als ein einzelner Eigentümer sich weigerte, einen solchen Kaufvertrag zu unterschreiben, nahm die Gemeinschaft ihn gerichtlich in Anspruch auf Unterschrift unter diesen Vertrag.

Die Klage wurde abgewiesen. Denn die Gemeinschaft hat keine Kompetenz, über den Verkauf von Teilen des gemeinschaftlichen Grundstücks zu beschließen. Die Begründung hierfür ist logisch und relativ simpel: Die WEG kann darüber nicht beschließen, weil das Grundstück nicht zum Verwaltungsvermögen der Gemeinschaft gehört. Wem gehört das Grundstück eigentlich? Den einzelnen Eigentümern zu Bruchteilen. Die WEG ist in ihrer Grundform eine sog. Bruchteilsgemeinschaft. Das sieht jeder Eigentümer, wenn er im Grundbuch nachliest, was er da eigentlich “zu Eigentum hat”: Das sind in der Regel xxx/yyyyy Miteigentumsanteil an dem Grundstück Musterstraße 11, verbunden mit dem Sondereigentum an der Wohnung z. Das Grundstück gehört also allen Eigentümern zu Bruchteilen. Und da kann keine Mehrheit einfach beschließen, dass ein Eigentümer verpflichtet sei, an einem Verkauf von Grundstücksteilen mitzuwirken.

Aber der BGH wäre nicht der BGH, wenn nicht – nachvollziehbar – eine Hintertür offenhielte: Denn er deutet im Leitsatz an, dass es unter Umständen einen Mitwirkungsanspruch der anderen Eigentümer gegenüber dem verweigernden Eigentümer geben könnte, und zwar unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben. Das müßten dann “besonders gelagerte Ausnahmefälle” seien. Was diese besonderen Ausnahmefälle sind, sagt der BGH natürlich nicht. Im vorliegenden Fall war der Ausnahmefall aber nicht gegeben, obwohl der Verkauf vielleicht sinnvoller war, als das Verlangen eines Rückbaus. Die Tatsache, dass eine Alternative “sinnvoller” sei, als eine andere, begründe noch keinen Ausnahmefall.

Es bleibt also spannend. Insbesondere, weil sich durch das WEMoG weitere Probleme ergeben haben. Nach altem Recht konnte die WEG den vermeintlichen Zustimmungsanspruch vergemeinschaften und den nicht zustimmenden Eigentümer gerichtlich auf Zustimmung verklagen. Ob das heute auch noch geht, ist fraglich. Eine Möglichkeit zur Vergemeinschaftung in solchen Fällen sieht das Gesetz nicht mehr vor. Ob hier ein fall des § 9a Abs. WEG vorliegt, wonach die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer die sich aus dem gemeinschaftlichen Eigentum ergebenden Rechte sowie solche Rechte der Wohnungseigentümer ausübt, die eine einheitliche Rechtsverfolgung erfordern, ist noch unklar und wird in Teilen der Literatur verneint.