Balkonkraftwerk und virtuelle Versammlung: Der Deutsche Anwaltverein spricht sich dagegen aus

Ich hatte in zwei vorangegangenen Beiträge über den Referentenentwurf berichtet, mit dem die Errichtung eines sog. Balkonkraftwerkes als privilegierte bauliche Veränderung und die sog. virtuelle Wohnungseigentümerversammlung eingeführt werden sollten.

Der DeutscheAnwaltVerein hat jetzt in seiner Stellungnahne Nr. 51/2023 zu diesem Entwurf Stellung genommen und lehnt beide Vorhaben ab. Sie finden die Stellungnahme hier.

Der DAV moniert im Hinblick auf die Balkonkraftwerke im Wesentlichen, dass diese massiv in das äußere Erscheinungsbild eingreifen würden. Der zu erwartende Ertrag der Steckersolargeräte sei minimal. Zudem seivollkommen offen, wie sich eventuell erforderliche Eingriffe in eine gedämmte Fassade bezüglich der Anbringung und der Leitungsverlegung technisch auswirkten. Auch die Brandgefahr sollte nicht unterschätzt werden, wenn stromführende Leitungen durch Styropordichtungssysteme geführt werden müssten. Diese Einwände sind sicherlich nicht von der Hand zu weisen. Die etwas “erfahreneren” Leser werden sich noch erinnern, wie innig und vehemt noch vor einigen Jahren Prozesse über sog. Satellitenschüsseln geführt wurden, weil diese ja die Ansicht eines Hauses verändern. Wie es aussieht, wenn zukünftig auf vielleicht 30 von 45 Balkonen Solarpanele hängen, will ich mir gar nicht erst ausmalen.

Auch die sog. virtuelle Versammlung stößt beim DAV auf wenig Gegenliebe, und auch dort sind es fundierte Argumente, mit denen der DAV Stellung bezieht. Die Frage wird ja letztlich sein, wie sich das technisch umsetzen läßt. Stellen wir uns mal eine Anlage mit 45 Eigentümern vor, die beschließt, sich nur noch digital zu versammeln. Letztlich braucht der Verwalter eine Technik und einen Bildschirm, die es ihm ermöglicht, 45 Teilnehmende gleichzeitig auf seinem Bildschirm darzustellen. Denn im Gegensatz zur Hybridversammlung, wo noch konkret beschlossen werden konnte, welche Rechte eigentlich virtuell wahrgenommen werden können sollten, darf die virutelle Versammlung der Präsenzversammlung in nichts nachstehen. Natürlich gibt es entsprechende System, die auch schon Abstimmungsmodule enthalten etc. Aber aus dem Verwalter als Leiter einer Versammlung wird dann ein Moderator im digitalen Raum. Stellen Sie sich mal eine Diskussion und Beschlussfassung über eine Fassadensanierung im Volumen von rund EURO 500.000 vor, die ja heute schon für einen Versammlungsleiter eine Herausforderung ist. Eine solche Vergleichbarkeit zwischen virtueller Versammlung und Präsenzversammlung scheitere nach Ansicht des DAV schon dann, wenn technische Probleme entstehen und der Online-Teilnehmer „rausfliegt“, egal von wem das zu vertreten sind. Bei einer Präsenzversammlung ist ein solcher Ausschluss, der nicht in der Person des betroffenen Wohnungseigentümers liegt, nicht möglich.

Die digitale Versammlung wird sich her für kleine, harmonische Versammlungen eigenen, wo sich vielleicht maximal 10 Personen auf einem Bildschirm in kleinen Kacheln begegnen.

Der DAV gibt in seiner Stellungnahme noch zu bedenken, dass durch die Einführung der geschilderten Maßnahmen die Wohnungseigentümer aber gezwungen würden, zum einen die entsprechenden technischen Möglichkeiten wie einen PC oder ähnliche Geräte anzuschaffen, zum anderen sich mit den jeweiligen Programmen hinreichend vertraut zu machen. Insbesondere für ältere Personen seidies ein großes Hindernis, weil es an den erforderlichen Grundkenntnissen mangele, mit den technisch notwendigen Einrichtungen umzugehen. Hinzu komme, dass in zahlreichen Haushalten keine Anlage eines WLAN vorhanden sei. Auch seiin vielen Gebieten Deutschlands, wie aus der Tagespresse hinreichend bekannt, eine ausreichende Versorgung des Internets nicht gegeben. Ganz gleich wo die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer gelegen sei, könne deshalb entweder die Versammlung nicht ordnungsgemäß durchgeführt werden oder der einzelne Wohnungseigentümer an einer virtuellen Versammlung nicht oder nur eingeschränkt teilnehmen. Die gewollte Echtzeitübertragung sei daher kaum zu gewährleisten.