Mit dem Referentenentwurf, der auch die sog. virtuelle Eigentümerversammlung ermöglichen soll, bringt der Gesetzgeber auch die Privilegierung von sog. Balkonkraftwerken in der Wohnungseigentümergemeinschaft auf dem Weg.
Ganz konkret sieht der Entwurf “…zur Erleichterung des Einsatzes von Steckersolargeräten” vor, dass der bisherige § 20 Abs. 2, in dem die privilegierten baulichen Veränderungen genannt sind (behindertengerechter Ausbau, E-Lade-Infrakstruktur, Einbruchschutz und Glasfasernetz) um einen Nr. 5 ergänzt wird, nämlich um die “Stromerzeugung durch Steckersolargeräte”.
Wird dieser Gesetzesentwurf, den Sie hier finden, irgendwann Realtiät, hätte jeder Eigentümer einen Anspruch darauf, dass die Gemeinschaft ihm die Anbringung eines sog. Balkonkraftwerkes gestattet. Allerdings muss niemand einen “Wildwuchs” befürchten, denn wie bei allen privilegierten Maßnahmen des § 20 Abs. 2 WEG, entscheiden die Wohnungseigentümer durch Beschluss im Rahmen ordnungsmäßiger Verwaltung über die Durchführung. Die Gemeinschaft hat also mehrere Möglichkeiten: Sie kann den bauwilligen Eigentümer einfach machen lassen. Sie kann ihm aber im Rahmen ordnungsmäßiger Verwaltung auch Vorgaben machen, die er zu beachten hat. Oder sie führt das Vorhaben selbst aus, aber auf Rechnung des “Antragstellers”.
Der Gesetzgeber geht davon aus, dass solche Balkonkraftwerke einen Beitrag zur Energiewende leisten können und auch die Akzeptanz der Energiewende beim Einzelnen erhöhen, weil ja jetzt jeder mitmachen kann. Das Bundesministerium der Justiz hat übrigens dazu einen umfangreichen “FAQ”-Katalog veröffentlicht, den Sie ebenfalls hier finden.
Warten wir einmal ab, wie in Zukunft die Häuser in deutschen Großstädten aussehen. Die Bedenken gegen eine Verschandelung der Fassaden, die noch vor einigen Jahen zu hitzigen Diskussionen im Hinblick auf Satelitenschüsseln geführt haben, gelten jedenfalls nicht mehr. Ob solche “Dinger” stören, ist aus Sicht des Gesetzgebers “die individuelle Frage, ob diese als positiv oder negativ wahrgenommen” werden. Jedenfalls solle auch eine umfangreichen Installation von Solarmodulen nicht zu einer grundlegenden Umgestaltung der Wohnanlage führen.
Spannend bleibt die Frage, wie es sich zukünftig mit der Blendwirkung solcher Module verhält. Der Gesetzgeber meint, dass ein gewisser Einfluss auf die Lichtverhältnisse von Nachbarwohnungen sowie die Entstehung kurzzeitiger Blendeffekte nicht auszuschließen sei. Es würde sich aber in der Regel nicht um unbillige Benachteilugngen der betroffenen Wohnungseigentümer handeln. Das mag sein. Aber wie ist es mit Nachbarn der Gemeinschaft? Erste Streitigkeite zu solchen Themen haben die Gerichte ja bereits erreicht, siehe die von mir besprochene Entscheidung des OLG Braunschweig.
Schauen wir also einmal, wie sich die Dinge entwickeln und wann der Gesetzesentwurf überhaupt Realität wird.
Nach der aktuellen Rechtslage ist ein Balkonkraftwerk eine bauliche Veränderung, die eines Beschlusses bedarf, und auf deren Genehmigung der bauwillige Eigentümer keinen Anspruch hat. Instruktiv dazu gibt es eine relativ aktuelle Entscheidung des AG Konstanz vom 9.2.2023, die Sie hier finden. Kernaussage des Urteils: das ist eine bauliche Veränderung, dafür braucht es einen Beschluss. In der Entscheidung seien die Eigentümer frei. Es handele sich auch nicht um eine Maßnahme nach § 20 Abs. 2 Nr. 2 (Laden elektrischer Fahrzeuge). Denn die Kläger hatten wohl damit argumentiert, ihr E-Fahrrad damit laden zu wollen.