Gedanken zu AG Hamburg-Blankenese vom 20.4.2022
Ich habe heute in Rechtsprechung Hamburg eine Entscheidung des Amtsgerichts Hamburg Blankenese eingestellt, die, soweit ersichtlich, bisher nur in der ZMR 2022, Seite 582, veröffentlicht ist.
Das Formulieren von Beschlüssen ist manchmal eine Kunst. Denn ein Beschluss muss so genau, konkret und ausführlich formuliert werden, dass jemand, der Jahres später das Protokoll liest, genau erkennen kann, was eigentlich gewollt ist. Die Besonderheit dabei ist, dass der Beschluss nur aus sich heraus ausgelegt werden darf. Es kommt also nur auf den Wortlaut des Beschlusses an. Soweit auf Anlagen verwiesen wird, müssen diese ebenfalls so genau bezeichnet werden, dass auch nach Jahren noch klar ist, was eigentlich gewollt war. Am besten sollten die in Bezug genommenen Anlagen also sogar dem Beschluss und damit dem Protokoll beigefügt werden.
Dieses Besonderheit ergibt sich daraus, dass Beschlüsse ja ohne weiteres gegen jeden Rechtsnachfolger wirken. Wer heute eine Wohnung kauft, ist auch an alle Beschlüsse gebunden, die in den Jahren seit Errichtung der WEG gefasst wurden. Manchmal gleicht das einer archologischen Reise, wenn man versucht herauszufinden, ob vor 30 Jahren mal irgendwelche Beschlüsse zu einem bestimmten Thema gefaßt wurden. Beschlüsse wirken somit, ohne dass Sie im Grundbuch eingetragen wären, wie im Grundbuch eingetragene Urkunden. Und bei notariellen Urkunden ist es seit über 100 Jahren ständige Rechtsprechung, dass zur Auslegung nur das herangezogen werden darf, was sich aus der Urkunde selbst ergibt. Das Reichsgericht bezeichnete das einmal als “Andeutungstheorie”. Und das gilt auch für Beschlüsse der Wohnungseigentümer. Was sich wer irgendwann einmal beim Formulieren eines Beschlusses gedacht hat, was dazu in der Versammlung gesagt worden ist, das interessiert bei der Auslegung nicht.
Ergibt sich in einem Anfechtungsprozess, dass ein Beschluss nicht hinreichend konkret genug ist, dann ist er nichtig. Und so war es wohl hier und das klingt auch nachvollziehbar. Was soll denn die Nachwelt mit einem Beschluss anfangen, wonach die Konstruktion auf die ursprüngliche Größe der Terasse zu reduzieren sei? Welche Terrasse, welche Größe genau, und auf welchen Ursprung? Das hätte man vielleicht anders sehen können, worauf der Leitsatz hinweist, wenn man die Teilungserklärung in Bezug genommen hätte, aus deren Aufteilungsplänen sich vielleicht die Größe der ursprünglichen Terrasse ergeben hätte. Das war aber nicht der Fall, daher hat das Gericht den Beschluss zu Recht “kassiert”.
Ich kann also allen Beteiligten in einer Wohnungseigentümerversammlung nur empfehlen, auf die Formulierung eines Beschlusses höchste Sorgfalt zu verwenden. Der Verwalter sollte sich nicht von den EigentümerInnen treiben lassen, die vielleicht schnell weiterkommen wollen. Und wer als EigentümerIn einen Beschlussantrag zur Abstimmung stellen will, sollte diesen ebenfalls vorher ausführlich vorbereiten. Ein Beschluss z.B. über den Rückbau einer Terrasse darf durchaus eine halbe DIN-A 4 Seite lang sein und auf eine Zeichnung als Anlage verweisen.