Der Absenkungsbeschluss

Mit dem WEMoG ist im WEG in § 23 Abs. 3 S. 3 WEG die Möglichkeit eines sog. Absenkungsbeschlusses eingeführt worde. Unter einem Absenkungsbeschluss versteht man einen Beschluss, mit dem für einen konkreten Einzelfall die Möglichkeit geschaffen wird, einen Umlaufbeschluss mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen zu fassen.

Normalerweise müssen einem Beschluss, der schriftlich oder in textform im Umlaufverfahren beschlossen wird, alle EigentümerInnen zustimmen. Enthält sich auch nur eine Person der Stimme oder meldet sich einfach nicht, kann der Umlaufbeschluss nicht zustande kommen. Hierfür ist jetzt mit dem Absenkungsbeschluss eine Ausnahme geschaffen worden: Danach können die Eigentümer beschließen, dass “für einen einzelnen Gegenstand die Mehrheit der abgegebenen Stimmen genügen” soll. Bevor im Umlaufverfahren mit Mehrheit etwas beschlossen werden kann, muss diese Ermächtigung hierzu überhaupt erst einmal durch den Absenkungsbeschluss geschaffen werden. Dieser wird in der Regel in einer “normalen” Wohnungseigentümerversammlung gefaßt. Dort kann dann beschlossen werden, dass über dieses oder jenes Thema schriftich im Umlaufverfahren beschlossen werden soll und dort die Mehrheit der abgegebenen Stimmen reichen soll. Der Regelfall, den der Gesetzgeber sich hierbei gedacht hat, ist jener, dass eine Sache in der Versammlung noch nicht abschließend entschieden werden kann; sei es, weil z.B. noch nicht genügend Vergleichsangebot vorliegen, sei es, dass bestimmte Details z.B. einer Erhaltungsmaßnahme noch zu klären sind. Das kann dann nachgeholt und über die Maßnahme im Umlaufverfahren abgestimmt werden.

Seit Inkrafttreten des WEMoG zeigt sich aber, dass wichtige Fragen zum Thema “Absenkungsbeschluss” offen geblieben sind: So stellt sich zum einen die Frage, ob ein Absenkungsbeschluss eigentlich in der Tagesordnung angekündigt werden muss. Das ist in Literatur und Rechtsprechung umstritten. Meine Meinung: Wenn er angekündigt werden müßte, würde das dem Sinn und Zweck, wie er sich aus der Gesetzesbegründung ergibt, zuwiderlaufen.

Zum anderen stellt sich die Frage, ob ein solcher Beschluss über eine Absenkung, also der reine Absenkungsbeschluss, eigentlich isoliert angefochten werden kann. Auch das ist umstritten. Meine Meinung: Wohl eher nicht, denn letztlich kommt diese Art von Beschluss einem sog. Geschäftsordnungsbeschluss zumindest sehr nahe, und diese Arten von Beschlüssen können ebenfalls nicht angefochten werden. So sieht es jetzt auch das LG Frankfurt a.M. in einer Entscheidung vom 16.2.2023 (2-13 S 79/22).

Es gibt eine erste amtsgerichtliche Entscheidung zu dem Thema: Das Amtsgericht Bonn (Urteil vom 8.12.2021 – 211 C 22/21) ist der Ansicht, dass ein Absenkungsbeschluss in der Einladung angekündigt werden müsse. Ich halte das für nicht richtig, aber schauen wir mal, was die Zukunft bringt.

Um mögliche spätere Auseinandersetzungen zu vermeiden, könnte es sich aber empfehlen, bereits in der Einladung auf einen eventuell zu fassenden Absenkungsbeschluss hinzuweisen, wenn bereits mit der Einladung absehbar ist, dass das zumindest in Betracht kommt.