Jeder Mensch, der in irgendeiner Rolle im Wohnungseigentum unterwegs ist, ob als Verwalter, Eigentümer oder Jurist, kennt die Problematik: Geht es um Reparaturen oder Instandsetzungen jenseits einer Bagatellgrenze, müssen Vergleichsangebote beschafft werden. Und damit einem die Beschlussfassung bei einer Anfechtungsklage nicht “um die Ohren fliegt”, müssen es mindestens drei Vergleichsangebot für jedes Gewerk sein. Woher die Zahl drei kommt, ist schon Gegenstand vieler schlauer Anmerkungen noch schlauerer Kommentatoren gewesen. Der Begriff der Mystik geisterte dabei schon durch den Raum. Wenn wir schon die Dreifaltigkeit haben, warum dann nicht auch drei Vergleichsangebote? Aber mit Mystik hat das wenig zu tun. Es geht einfach darum, dass sich die Eigentümer bei ihrer Entscheidung ein Bild darüber machen können, was denn da eigentlich so genau möglich ist? Wie ist der Markt, was für Spielräume gibt es? Auch ein vernünftiger Einzelhauseigentümer wird sich ja, bevor er sein Flachdach sanieren läßt, links und rechts umschauen, und nicht das erste Angebot über EURO 50.000 annehmen. Vielleicht geht es ja günstiger? Vielleicht geht es ja in anderer, besserer Qualität?
Die Eigentümer haben ein Ermessen bei einer Auftragsvergabe, und damit sie das überhaupt ausüben können, brauchen sie Vergleichsangebote. Und warum nun drei: Nun, Juristen können sich prima über die Frage streiten, wieviele Steine man z.B. braucht, damit diese einen Haufen bilden. Ein Stein? Nein. Zwei Steine, hm, aber mit drei Steinen haben wir schon einen kleinen Haufen. Also drei Vergleichsangebote.
Gerade in den Zeiten von Fachkräftemangel stoßen Verwalter mit den drei Vergleichsangeboten immer wieder auf Schwierigkeiten. Mir haben Verwalter berichtet, dass sie von Handwerkern überhaupt keine Angebote bekommen, wenn diese merken, dass es um eine WEG geht. Der Handwerker/die Handwerkerin will sich gar keine Arbeit für eine Angebotserstellung machen, wenn er bzw. sie davon ausgeht, dass das Angebot eh nur als Alibi benötigt wird. Es soll auch HandwerkerInnen geben, die anbieten, gleich zwei weitere Angebote von Konkurrenten, die dann natürlich wesentlich teurer seien, mitzuliefern. Und es gibt auch Gegenden, in denen drei Vergleichsangebote tatsächlich schwer zu bekommen sein. Ein Verwalter einer Anlage auf einer Nordseeinsel berichtete mir mal, dass es auf der Insel eben nur eine bestimmte Anzahl an Handwerkern gäbe und sich Auswärtige oftmals weigern würden, auf der Insel zu arbeiten, der Weg sei zu zweit.
Aber, wie auch immer man dazu steht: Die Rechtsprechung fordert nahezu gnadenlos jene drei mystischen Vergleichsangebote, jedenfalls dann, wenn gewisse Beträge überschritten werden. Ob das nun EURO 2.000 sind, oder mehr, oder weniger, das mal immer eine Frage des Einzelfalles sein.
Schlaue Eigentümer kommen vielleicht auf die Idee, das Problem einfach zu lösen: Es wird ein Beschluss gefaßt, wonach man einfach auf Vergleichsangebote verzichte und den Maler mit dem goldenen Pinsel beauftrage, dessen Angebot das einzige sei. Geht das, können die Eigentümer mehrheitlich auf Vergleichsangebote verzichten? Wohl eher nicht. Denn es geht ja um die Ausübung eines Ermessens, die Wahl zwischen verschiedenen Möglichkeiten. Und da könnte es unzulässig sein, auf diese Ermessensausübung zu verzichten. Gegebenenfalls wäre ein solcher Beschluss sogar nichtig. Sind sich allerdings in einer kleineren Gemeinschaft alle Eigentümer einig, könnte ein solches Vorgehen im Rahmen einer allstimmigen Vereinbarung vielleicht zulässig sein.