LG Frankfurt, Urteil vom 15.6.2023 – 2-13 S 92/22
Wir kennen es alle, die Teilungserklärungen, die entsperchend § 12 WEG regeln, dass der Veräußerung eines Wohnungs- oder Teileigentums der Verwalter zustimmen muss. Es gab und gibt aber auch Teilungserklärungen, nach denen nicht der Verwalter zustimmen muss, sondern wonach die “Zustimmung der anderen Wohnungseigentümer” notwendig ist.
Schon nach dem alten Recht war nicht klar, was das eigentlich konkret bedeutet: Müssen alle anderen Eigentümer zum Notar wandern, oder reicht es, wenn die Eigentümer in einer Versammlung mehrheitlich darüber beschließen?
Das LG Frankfurt a.M. hat diese Frage jetzt zum neuen Recht entschieden, und zwar ganz anders: Zuständig ist jetzt die GdWE, also die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer. Die Vereinbarung der Zustimmung der „anderen Wohnungseigentümer“ sei objektiv-normativ auszulegen, wobei die Auslegung gemäß § 47 WEG im Lichte der Neufassung des WEG zu erfolgen habe. Zwar spreche der Wortlaut zunächst für eine individuelle Zustimmung sämtlicher anderen Wohnungseigentümer. Wie das Reichsgericht aber bereits für eine vergleichbare in der Satzung einer GmbH enthaltene Klausel, dass die Abtretung von Geschäftsanteilen von „der Zustimmung der Gesellschafter“ abhängig sei, entschieden habe(RGZ 159, 282 (279), sei die Regelung objektiv unklar, da sie auch den Sinn haben kann, dass über diese Angelegenheit die Mehrheit – dort der Gesellschafterversammlung und damit letztlich der Gesellschaft – entscheidet oder aber die individuelle Zustimmung eines jeden Gesellschafters erforderlich sei.
Dieses Problem stelle sich ebenso hier. Bei der Zustimmung zu einer Veräußerung des Wohneigentums gemäß § 12 Abs. 1 WEG handele es sich im Zweifel um eine Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums, für die nunmehr alleine die GdWE zuständig sei (§ 18 Abs. 1 WEG). Eine Zuständigkeit der einzelnen Wohnungseigentümer bestehe abgesehen von der Beschlussfassung im Rahmen der Eigentümerversammlung bzw. bei Notmaßnahmen nicht mehr. Von der Veräußerung betroffen sei zudem nicht nur das Sondereigentum des veräußerungswilligen Eigentümers, sondern maßgeblich auch die Gemeinschaft. Durch das Erfordernis der Zustimmung solle daher ein Schutz dagegen erfolgen, dass das Wohnungseigentum in die Hand eines persönlich oder finanziell unzuverlässigen Erwerbers gerate. Betroffen hiervon sei aber zumindest im neuen Recht alleine die Gemeinschaft im Rahmen ihrer Verwaltungszuständigkeit, die Rechtsbeziehungen der Eigentümer untereinander seien, und dies war eines der zentralen Ziele der WEG-Reform 2020, weitgehend gekappt worden.
Zwar sei der Wortlaut des § 12 Abs. 1 WEG bei der Neufassung des WEG unverändert geblieben. Durch die Begründung zum Gesetzentwurf des WEMoG (BT-Drs. 19/18791, S. 58) zu § 18 Abs. 1 WEG würde aber deutlich, dass es sich bei Pflichten im Rahmen der Verwaltung „stets um Pflichten der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer“ handelte. Im Übrigen spreche auch die Regelung des § 12 Abs. 4 WEG für das Erfordernis der Zustimmung der GdWE. Nach dieser Regelung könnten die Wohnungseigentümer mit einfacher Mehrheit nach § 25 Abs. 1 WEG beschließen, dass eine Veräußerungsbeschränkung nach § 12 Abs. 1 WEG aufgehoben würde. Wenn aber die grundsätzliche Zustimmungsbedürftigkeit zu Veräußerungen von der Gemeinschaft aufgehoben werden kann, dann muss auch die – weniger weitgehende – Erteilung oder Versagung der Zustimmung im Einzelfall durch die Gemeinschaft erfolgen.
Soweit ersichtlich ist die Revision zum BGH zugelassen worden, ich kann aber nicht erkennen, ob sie auch eingelegt wurde. Warten wir also einmal ab.