Es hat sich eigentlich herumgesprochen. Seit Inkrafttreten des WEMoG wird nicht mehr über “Jahresabrechnungen” beschlossen. Es wird vielmehr auf Grundlage einer Jahresabrechnung über die “Einforderung von Nachschüssen bzw. die Anpassung von Vorschüssen” beschlossen.
Was passiert, wenn man in alte Gewohnheiten verfällt, ergibt sich anschaulich aus einer relativ jungen Entscheidung des Amtsgerichts Hamburg-St- Georg vom 1.7.2022 (980a C 41/21), an der wir beteiligt waren. Die Gemeinschaft hatte dort beschlossen die “Genehmigung der Abrechnungsspitzen, die sich aus der Wohngeldabrechnung 2020 und aus den Einzelabrechnungen ergeben”.
Das ließ das Amtsgericht nicht durchgehen und führte in den Urteilsgründen aus:
“Nach Maßgabe der seit dem 01.12.2020 geltenden Fassung des § 28 Abs. 2 S. 1 WEG beschließen die Wohnungseigentümer nach Ablauf des Kalenderjahres über die Einforderung von Nachschüssen oder die Anpassung der beschlossenen Vorschüsse. Entgegen früherer Rechtslage (§ 28 Abs. 3 und 5 WEG a.F.) hat der Gesetzgeber mit dem Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetz (BGBl. 12020, S. 2187) das für die Abrechnung erforderliche Zahlenwerk von der Beschlussfassung entkoppelt und zum Gegenstand einer Vorlagepflicht für die Verwaltung gemacht (vgl. § 28 Abs. 2 S. 2 WEG n.F.). Gegenstand eines Beschlusses nach § 28 Abs. 2 S. 1 WEG n.F. sind also nur Zahlungspflichten, die zum Ausgleich einer Unter-oder Überdeckung aus dem Wirtschaftsplan erforderlich sind (s. dazu BT-Drs. 19/18791, S. 76 f.). Für einen Beschluss, der aber allein die Genehmigung des vorgelegten Abrechnungswerks zum Gegenstand hat, fehlt daher die Beschlusskompetenz.”
Auch die Tatsache, dass hier ja über eine Abrechnungsspitze beschlossen worden war, rettet den Beschluss nicht:
“Etwas anderes ergibt sich im Streitfall auch nicht durch die Verwendung des Begriffs der „Abrechnungsspitze“ im Beschlusstext. Dabei handelt es sich zwar anerkanntermaßen um die auf den einzelnen Wohnungseigentümer entfallenden Betrag, welcher die in dem Wirtschaftsplan für das abgelaufene Jahr beschlossenen Vorschüsse übersteigt (s. BGH, ZWE 2014, 261, 263, Rn. 20 = ZMR 2014, 808). Bei einer objektiv-normativen Auslegung ergibt sich daraus aber ebenfalls keine Beschlussfassung über die Einforderung von Nachschüssen oder die Anpassung der beschlossenen Vorschüsse, sondern nur die – einseitige – Bezugnahme auf Ergebnisse in den Einzelabrechnungen. Hinzu kommt, dass – jedenfalls in Bezug auf die Klägerin – diese auch mit Guthaben schließen, so dass insoweit auch eine Vorschussanpassung erforderlich gewesen wäre.”
Also: Vorsicht mit alten Gewohnheiten. Beschlüsse über Jahresabrechnungen oder “Abrechnungsspitzen” sind nicht nur anfechtbar, sie sind sogar nichtig, weil es an einer solchen Beschlusskompetenz fehlt.