Gleichzeitig Anmerkung zu BGH vom 22.9.2023 – V ZR 254/22
Manchmal sind es die vermeintlich kleinen Dinge, welche die Gerichte und die Menschen beschäftigen. Dieser Entscheidung lag ein Rechtsstreit aus Hamburg zugrunde. Ausgangspunkt war, vereinfacht gesagt, ein Rechtsstreit zwischen zwei Wohnungseigentümern, jeweils Eigentümer einer von zwei Doppelhaushälften. Ein mittlerweile pensionierter Hamburger Amtsrichter hatte in einer ähnlichen Situation einmal in einem Urteil geschrieben, die Parteien seien Wohnungseigentümern und deshalb zerstritten.
So scheint es hier auch gewesen zu sein, jedenfalls trafen die Parteien sich auf der gemeinsamen Zufahrt, es gab ein Wort das andere und auch so manches unschöne Wort soll gefallen sein. Am Ende gab es Abmahnungen und einen Streit über die durch eine Abmahnung entstandenen Kosten. Das Amtsgericht entschied, das Landgericht, der BGH, wieder das Landgericht und jetzt noch einmal der BGH. Soweit hier interessant ging es eigentlich nur noch um die Frage, welche Kammer des Landgerichts Hamburg eigentlich hätte entscheiden müssen: Die Zivilkammer 18, die hier ausschließlich für Berufungen in WEG-Angelegenheiten zuständig ist, oder die Zivilkammer 9, bei der das Verfahren gelandet war.
Die Frage ist also, wann eine Beleidigung zwischen zwei Wohnungseigentümern eine Wohnungseigentumsangelegenheit im Sinne des Gesetzes ist, für dann “das WEG-Gericht” zuständig ist. Wie ist es, wenn die Eigentümer sich im Kino begegnen, und sich wild beschimpfen? Wie ist es auf der Auffahrt und wie ist es in einer Eigentümerversammlung? Diese Frage hat der BGH jetzt geklärt. Der Leitsatz lautet:
“Nimmt ein Wohnungseigentümer einen anderen Wohnungseigentümer auf Unterlassung oder Schadensersatz wegen einer Äußerung in Anspruch, handelt es sich nur dann um eine wohnungseigentumsrechtliche Streitigkeit i.S.d. § 43 Nr. 1 WEG aF (bzw. § 43 Abs. 2 Nr. 1 WEG), wenn die Äußerung in einer Eigentümerversammlung oder Beiratssitzung getätigt wurde. Dies gilt unabhängig von Inhalt und Anlass der Äußerung”
Der BGH zieht den Kreis also sehr eng: Dass Wohnungseigentümer sich auf dem gemeinsamen Grundstück verbal “an die Wäsche” gehen, reicht nicht aus, um die Zuständigkeit des “WEG-Gerichts” zu begründen. Es muss schon ein engerer, gemeinschaftlicher Bezug vorliegen, z.B. also eine Eigentümerversammlung oder eine Beiratssitzung.
Aber, wie auch immer, man (oder frau) mäßige sich im Umgang mit seinem Mitmenschen. Der Beklagte hatte den Kläger hier als “Lachfigur” und “Idioten” bezeichnet. Auch keine feine Art des Umgangs….