Die verwalterlose Zweier-WEG im Prozess

Gedanken zu BGH V ZR 202/21 vom 8.7.2022

Auch wenn sie manchmal wie eine nebulöse Gestalt aus einem Märchen erscheinen mögen, es gibt sie, und zwar zahlreich: Die Zwei-Personen-WEG ohne Verwalter. Seien es Doppelhäuser oder Pfeifenstielgrundstücke: Dort, wo eine Realteilung nicht möglich ist, wird aus den zwei Einheiten einfach eine WEG gemacht. Und wozu braucht man da eigentlich einen Verwalter….; jedenfalls braucht man ihn solange nicht, bis es irgendwann zum Streit kommt.

Aber wer ist eigentlich der oder die richtige Beklagte, wenn sich einer der Eigentümer, aus welchen Gründen auch immer, mit der WEG streiten muss? Mit dieser hoch umstrittenen Frage hatte sich der BGH in der o.g. Entscheidung zu befassen, und er hat sie pragmatisch gelöst: Prozessgegner ist die WEG (oder, wie sie jetzt genannt wird: GdWE, was für eine schöne Abkürzung), und zwar vertreten durch den anderen Wohnungseigentümer.

Die nach § 9a Abs. 1 Satz 1 WEG parteifähige GdWE wird dann, wenn ein Verwalter bestellt ist, durch diesen (§ 9b Abs. 1 Satz 1 WEG), oder, sofern ein ein solcher nicht bestellt ist, durch die Wohnungseigentümer gemeinschaftlich vertreten (§ 9b Abs. 1 Satz 2 WEG). Die nach altem Recht bestehende Möglichkeit, einen oder mehrere Wohnungseigentümer durch Mehrheitsbeschluss zur Vertretung zu ermächtigen, sieht das neue Recht nicht mehr vor. Verklkagt aber der eine der beiden Wohnungseigentümer die GdWE, ist eine Vertretung im Sinne von § 9b Abs. 1 Satz 2 WEG durch die beiden Eigentümer gemeinsam ist in diesem Verfahren nicht möglich. Denn die Klägerin im zu entscheidenen Verfahren ist als Prozessgegnerin von der Vertretung der GdWE ausgeschlossen. Da es prozessrechtlich nicht zulässig ist, einen Rechtstreit mit sich selbst – und zwar auch als Vertreter eines anderen – zu führen darf ein Wohnungseigentümer in Rechtsstreitigkeiten, die er gegen die GdWE führt, an deren Vertretung nicht mitwirken.

Umstritten war, welche Folgen ein derartiger, auf der prozessualen Situation beruhender Ausschluss des klagenden Wohnungseigentümers von der Vertretung der verwalterlosen GdWE auf deren ordnungsgemäße Vertretung in einem Beschlussklageverfahren nach § 44 Abs. 1 WEG hat. Dabei wurden im Wesentlichen zwei Auffassungen vertreten: Die GdWE wird vom verbleibenden Eigentümer vertreten oder es ist für die GdWE ein sog. Prozesspfleger nah § 57 ZPO zu bestellen.

Der BGH hat sich der ersten Auffassung angeschlossen: Hat die GdWE keinen Verwalter, führt der Ausschluss des oder der klagenden Wohnungseigentümer in einem Beschlussklageverfahren von der nach § 9b Abs. 1 Satz 2 WEG angeordneten Gesamtvertretung dazu, dass die GdWE in diesem Prozess durch die übrigen Wohnungseigentümer gemeinschaftlich vertreten wird. Verbleibt nur ein Wohnungseigentümer, der keinem Vertretungsverbot unterliegt, vertritt er die GdWE im Prozess allein. Eine durchaus pragmatische Lösung.

Tatsächlich sind die Fälle der verwalterlosen GdWE häufig und jedenfalls aus meiner Sicht häufen sich auch die Streitigkeiten. Meistens geht es dann darum, dass doch ein Verwalter bestellt werden soll, jedenfalls nach Wunsch einer Eigentümerpartei, während die andere sich sträubt. Und das führt dann oftmals zu einer gerichtlichen Auseinandersetzung, und zwar in der Regel mit Erfolg: Denn jeder Eigentümer hat einen Anspruch auf Bestellung eines Verwalters, ob des dem Miteigentümer gefällt, oder nicht.