Zeitpunkt einer Wohnungseigentümerversammlung

Vom Amtsgerichts Hamburg-St. Georg ist im Oktoberheft der ZMR eine Entscheidung veröffentlicht, wonach eine Eigentümerversammlung an einem Montag um 18.00 nicht zu beanstanden sei, sie finde nicht zur Unzeit statt. Das gibt Anlaß, einmal genau zu betrachten, wie es sich mit Tag und Uhrzeit eigentlich verhält. Darüber habe ich mir schon einmal sehr ausführlich Gedanken gemacht, der nachfolgende Text ist entnommen aus: Kühnemund, in: Hinz u.a., Formularbuch des Fachanwalts Miet- und Wohnungseigentumsrecht, 4. Auflage 2021, I. Einladung zur Eigentümerversammlung durch Verwalter, Rn. 418:

 “Zu unterscheiden sind der Wochentag und die Uhrzeit.

Sonn- und Feiertage

Unproblematisch ist die Einberufung einer Wohnungseigentümerversammlung auf einen Werktag. Werktage sind alle Wochentage, die nicht Sonntage sind oder durch Bundes- oder Landesgesetze zu Feiertagen erklärt worden sind. An diesen Tagen kann generell eine Eigentümerversammlung stattfinden, ohne gegen die ordnungsgemäße Verwaltung zu verstoßen.

Artikel 140 des Grundgesetzes in Verbindung mit Art. 139 der Weimarer Reichsverfassung schützt staatlich anerkannte Feiertage als Tage der Arbeitsruhe und der seelischen Erhebung. Diese Regelung entspricht in etwa den Regelungen in den Feiertagsgesetzen der einzelnen Bundesländer. Dort ist in etwa gleichlautend jeweils geregelt, dass an Sonntagen und den gesetzlichen Feiertagen öffentlich bemerkbare Arbeiten, die geeignet sind, die Ruhe des Tages zu beeinträchtigen, verboten sind. Darüber hinaus sind alle Handlungen zu vermeiden, die geeignet sind, die Gottesdienste zu stören. In Zeiten des Hauptgottesdienstes gelten darüber hinaus oftmals weitere Einschränkungen. Diese Zeit endet in der Regel gegen 11.00 Uhr.

Diese Sonn- und Feiertage sind im Hinblick auf die Abhaltung einer Wohnungseigentümerversammlung nicht ohne weiteres heilig. So werden Versammlungen am Sonntag nur vor 11.00 Uhr als unzulässig angesehen. Eine Versammlung am Karfreitag von 16.00 bis 18.40 Uhr war ebenfalls als zulässig erachtet worden (OLG Schleswig NJW-RR 1987, 1362; anders noch das LG Lübeck als Vorinstanz (NJW-RR 1896, 813), das den Karfreitag als unzumutbar für die Durchführung der Versammlung erachtete; das Amtsgericht hatte die Versammlung wohl für zulässig gehalten (nicht veröffentlicht). Das AG Biedenkopf hält eine Versammlung an einem christlichen Feiertag für unzulässig, auch dann, wenn alle Eigentümer muslimischen Glaubens sind.

 Die Zulässigkeit von Versammlungen am Sonntag nach 11.00 Uhr wird damit begründet, dass auch nach den öffentlich-rechtlichen Vorschriften zum Schutz der Feiertage als besonders schutzbedürftig die Zeit der Hauptgottesdienste, in der Regel bis 11.00 Uhr, angesehen werde. Darüber hinaus sei eine Eigentümerversammlung zulässig, sofern sie nicht öffentlich, sondern privat und in geschlossenen Räumen stattfinde, den Gottesdienst nicht störe und weder der Unterhaltung noch dem Vergnügen diene (OLG Schleswig NJW-RR 1987, 1362). Das OLG Schleswig hatte in dieser Entscheidung auch nicht das Argument gelten lassen, dieser Feiertag solle doch der seelischen Erhebung dienen, was den Besuch einer Eigentümerversammlung ausschließe; denn nach gewandelter Wertanschauung werde ein Feiertag von der weit überwiegenden Mehrheit der Bevölkerung praktisch ohnehin zu außerhalb der seelischen Erhebung stehenden Zwecken genutzt und sei deshalb nicht anders zu bewerten ist als die Freizeit an sonstigen arbeitsfreien Tagen auch.

Schulferien

Allgemeine Schulferien sollen nach teilweise vertretener Auffassung der Durchführung einer Eigentümerversammlung nicht entgegenstehen. Durch die Abhaltung jedenfalls einer außerordentlichen Versammlung in den örtlichen Schulferien werde den Wohnungseigentümern die Teilnahme nicht in unzumutbarer Weise erschwert, so das BayObLG im Jahre 2002 (BayObLG ZMR 2002, 774). Anders hat es das BayObLG im Jahre 2004 für die Mitgliederversammlung eines Vereins bewertet. Dort sollte die Einberufung einer Mitgliederversammlung eines Vereines mit 80 Mitgliedern während der Hauptferienzeit nicht verkehrsüblich und daher unangemessen sein, da der Verein noch nie zu dieser Zeit Mitgliederversammlungen durchgeführt hatte und auch kein Fall der Dringlichkeit vorlag (BayObLG NZM 2005, 280). Diese Grundsätze werden sich auch auf die Wohnungseigentümerversammlung übertragen lassen. Da die Eigentümerversammlung am Ort der Anlage stattzufinden hat, sollte zumindest die Hauptferienzeit in diesem Bundesland im Sommer für eine Wohnungseigentümerversammlung tabu sein, wenn nicht ein dringender Fall vorliegt. Zumindest ist mit hinreichender Vorlaufzeit einzuladen, wobei die normale gesetzliche Ladungsfrist von damals zwei Wochen hierbei nicht ausreichen soll (LG Karlsruhe NJW-RR 2014, 197), ob jetzt drei Wochen ausreichend wären, lasse ich einmal dahingestellt.

Die Zeit zwischen den Tagen

Die Zeit zwischen Weihnachten und Neujahr ist für die Durchführung von Wohnungseigentümerversammlungen durchaus geeignet. Allerdings hatte das OLG Hamm im Jahre 2000 entschieden, dass der Verwalter in einer Anlage mit nur drei Einheiten auf den Verlegungswunsch eines einzelnen Miteigentümers Rücksicht nehmen müsse (OLG Hamm ZMR 2001, 383).

Bedeutsame Sportereignisse

Bisher scheint noch kein Verwalter auf die Idee gekommen zu sein, eine Versammlung auf den Termin eines zumindest lokal bedeutsamen Sportereignisses anzuberaumen und sich damit eine Anfechtung einzuhandeln; denkbar wäre ja z.B. das Endspiel einer Fußballweltmeisterschaft oder aber auch der letzte Spieltag der Fußballbundesliga, bei der der örtliche Verein um die Meisterschaft kämpft. Rechtsprechung hierzu gibt es daher nicht. Die Literatur tendiert eher dazu, Sportereignisse nicht als Hinderungsgrund für eine Versammlung anzusehen und allenfalls vielleicht bei internationalen Sportgroßereignissen eine Ausnahme zu machen.

Die richtige Uhrzeit

Zur Frage, welche Uhrzeit für eine Versammlung zulässig sei und welche Zeit andererseits eine Terminierung zur »Unzeit« darstelle, gibt es einige Entscheidungen, die in der gängigen Kommentarliteratur auch immer wieder zitiert werden. Letztlich ist der Verwalter auch bei der Auswahl der Uhrzeit gehalten, sein Ermessen so auszuüben, dass es dem Interesse der Gesamtheit der Wohnungseigentümer nach billigem Ermessen entspricht: Der Zeitpunkt einer Eigentümerversammlung muss danach verkehrsüblich und zumutbar sein (AG Köln ZMR 2004, 546). Insbesondere müssen auch berufstätige Wohnungseigentümer Gelegenheit haben, selbst an der Versammlung teilzunehmen. Die Abhaltung einer Versammlung an einem Wochentag um 17.00 Uhr sei nach der Entscheidung des AG Köln unter Berücksichtigung normaler Arbeitszeiten nicht gerade verkehrsüblich, denn bei einer solchen Versammlungszeit müssten selbst vor Ort oder in der näheren Umgebung wohnhafte berufstätige Wohnungseigentümer Urlaub nehmen, um persönlich an der Versammlung teilnehmen zu können. Das LG München I hat sogar eine Versammlung um 17.30 Uhr als »zu früh« beurteilt, wenn in einer Kleinanlage ein Eigentümer zu dieser Zeit beruflich an der Teilnahme gehindert ist und er hierauf auch hinweist (LG München I NZM 2005, 591).

Ob 16.00 oder 17.00 Uhr zulässig seien, hat das Amtsgericht Hamburg-Wandsbek dahin stehen lassen, die dort auf 14.00 Uhr anberaumte Versammlung hatte jedenfalls zur Unzeit stattgefunden (AG Hamburg-Wandsbek ZMR 2004, 224).

An einem Sonnabend nach einem Feiertag soll auch eine Versammlung um 20.00 Uhr akzeptabel sein (OLG Zweibrücken, WE 1994, 146). An einem Karfreitag war eine Versammlung, die um 16.00 Uhr begann, ebenfalls nicht beanstandet worden (OLG Schleswig NJW-RR 1987, 1362 [OLG Schleswig 06.04.1987 – 2 W 144/]).”

Und das AG Hamburg-St. Georg befand nun einen Montag um 18.00 als ordnungsgemäß.