Amtsgericht Hamburg zur Abrechnung bei nicht geeichten Zählern

Anmerkung zu AG Hamburg, Urteil vom 24.10.2023 – 9 C 328/21

Bei mir liegt gerade “druckfrisch” auf dem Tisch ein Urteil des AG Hamburg, das wir für die von uns vertretene Wohnungseigentümergemeinschaft erstritten haben.

Die nicht geeichten Zähler

Die klagenden Miteigentümer in diesem Verfahren hatten die Beschlussfassung über Nachschüsse etc. auf Basis einer Jahresabrechnung angefochten. Ihr Hauptargument gegen diesen Beschluss: Im Rahmen der Abrechnung der Heizkosten und der Wasserkosten waren die Daten von drei Zählern (Wärmemengenzähler, Warmasser und Kaltwasser) zugrunde gelegt worden, obwohl die Eichfrist für diese Zähler bereits abgelaufen war. Das klingt auf den ersten Blick dramatisch: Es ging allerdings um die Abrechnung für 2020 und die Eichfrist der Zähler war z.T. erst in 2019 ausgelaufen. Aus diversen Gründen war die Gemeinschaft mit dem Austausch der Zähler im Rückstand.

Wo liegt das Problem

Das Problem ist, dass nach dem geltenden Eichgesetz die Werte nicht geeichter Zähler eigentlich nicht mehr verwendet werden dürfen. Z.B. im Mietrecht kann das ganz gravierende Folgen für den Vermieter haben. Der Mieter kann bestimmte Beträge kürzen oder muss sie gar nicht erst zahlen.

Wie sieht das aber im Wohnungseigentumsrecht aus. Wie geht man dort damit um. Dort kann ein Eigentümer nicht einfach sagen, er zahle bestimmte Dinge nicht. Gut, vielleicht kann er es, aber dann stellt sich ja die Frage, was mit diesem Betrag passiert? Dann zahlt nicht er ihn, sondern die Gemeinschaft, das bedeutet, dass dieser Betrag intern auf alle Eigentümer zu verteilen ist. Und damit zahlt der Eigentümer dann doch.

Man könnte also überlegen, dass Wasser- und Wärmeverbrauch, der aufgrundlage nicht geeichter Zähler erfasst worden ist, nicht von dem Eigentümer der betroffenen Anlage zu bezahlen ist. Die Folge wäre: Umlage dieser Kosten auf alle Eigentümer nach Miteigentumsanteilen.

Was sagt das Amtsgericht dazu?

Das Amtsgericht weist die Anfechtungsklage ab und hält die dem Beschluss zugrunde liegende Abrechnung für “OK”.. Zwar sei es zutreffend, dass die Beklagte bei der Jahresabrechnung 2020 Zahlen zugrunde gelegt habe, die sie aus Zählern ablas, die nicht mehr geeicht waren, sodass darin ein Verstoß gegen § 5 Abs. 1 HeizkostenVO liege. Eine hiervon zu differenzierende Frage sei jedoch, wie eine Gemeinschaft der Wohnungseigentümer zum Jahresende abrechnen soll, wenn nun einmal die Verbräuche unheilbar nicht mit korrekten Mitteln ermittelt worden seien. Denn die Kosten seien entstanden und müssen nach einem praktikablen Maßstab innerhalb der Gemeinschaft auch verteilt werden. Der BGH habe in einem etwas anders gelagerten Sachverhalt entschieden, dass die Abrechnung nicht zwangsläufig fehlerhaft sei (BGH, Urt. v.16.9.2022 – V ZR 214/21, NZM 2023, 85). Im Grundsatz müsse sich die Gemeinschaft an den Leitgedanken der HeizkostenVO orientieren, die Kosten weitestgehend verbrauchsabhängig zu verteilen, um das Nutzerverhalten zu beeinflussen und Energieeinspareffekte zu bewirken. Etwaige Verteilungsfehler zulasten einzelner Nutzergruppen seien hinzunehmen. Damit stelle der BGH für das WEG-Recht andere Maßstäbe auf als sie für das Mietrecht gelten mögen, auf die das hiesige Gericht mit Beschluss vom 20.5.2022 (dortige Ziff. 3) hingewiesen hatte. Die unterschiedliche Behandlung von Mietern und Eigentümern sei sachgerecht. Denn die Betriebskostenabrechnung im Mietrecht bewirke in einem größeren Maße den Schutz der Mieter als dies bei einer Jahresabrechnung in einer Gemeinschaft der Wohnungseigentümer der Fall sei. Vorliegend sei das Vorgehen der Verwaltung, für die Jahresabrechnung von solchen Verbräuchen auszugehen, wie sie die nicht geeichten Zähler dargestellt hätten, nicht zu beanstanden. Andere sinnvollere Möglichkeiten, die individuellen Verbräuche zu ermitteln und weitgehend nach einem verbrauchsabhängigen Maßstab abzurechnen, hätten der Verwaltung ersichtlich nicht zur Seite gestanden.

Was sagt der BGH dazu – Urteil vom 16.9.2022 – V ZR 214/21

Nun, der BGH sieht es genau so. Im Mietrecht könne man den Vermieter, der für die ordnungsgemäße Erfassung zuständig ist, mit einer Kürzung der von Mieter zu zahlenden Beträge “bestrafen”. Das ginge im Wohnungseigentumsrecht nicht, weil letztlich jede Ausgabe der Gemeinschaft von den Eigentümern der Gemeinschaft wieder zugeführt werden müsse. Die Frage wäre also, wie eine Verteilung der fehlerhaft erfassten Kosten am besten erfolgen könnte. Dazu der BGH: “Weder eine rein wohnflächenbezogene Kostenverteilung (vgl. § 9a II HeizkostenVO) noch eine Verteilung nach Miteigentumsanteilen gem. § 16 II WEG aF ist geeignet, die beabsichtigten Anreize zur sparsamen Energieverwendung zu setzen”.